Anonymität und Ruhe war gestern! Heute muss Shoppen zum Erlebnis werden. Der deutsche Einzelhandel hält sich im Vergleich zum internationalen Markt sehr zurück, was Innovationen und technische Gadgets anbelangt. Dabei setzen die Kunden auf ein interaktives Miteinander, eine breite Angebotsvielfalt und den Extraschritt, den es braucht, um das Überleben des Einzelhandels auf Dauer zu sichern.
Wer eine Shoppingtour durch deutsche Einkaufsstraßen plant, geht dabei strikt konsequent vor. Entweder werden die Lieblingsläden angesteuert und die Wunschware in Augenschein genommen oder man lässt sich mit dem Strom von Laden zu Laden treiben. Ein Ritual, welches deutsche Käufer seit Jahren schätzen und lieben – und was im Vergleich zum internationalen Markt deutlich antiquiert erscheint. Während der weltweite Markt mit umfangreichen Angeboten und Konzepten durchstartet, hält der deutsche Einzelhandel noch immer an alten Traditionen fest.
Das große Shoppingerlebnis der Zukunft setzt mit Interaktion, crossmedialen Marketingaktionen und vielen Extras auf Kundenbindung. Der Einzelhandel beweist hierzulande kein Verschließen vor dem digitalen Fortschritt. Mit bargeldlosen Zahlungen und iPad Kasse am Counter können sich Kunden beim Einkauf flexibel für ihre Art und Weise der Bezahlung entscheiden. Aber blickt man in die Shops in England oder Amerika, zeigt sich, dass der Weg zum modernen Shoppen im deutschen Handel noch ein weites Ziel ist.

Vorreiter Amazon im Rampenlicht
So sehr man über den Versandhandel Amazon schimpfen und dessen Praktiken hinsichtlich Bezahlung und Mitarbeiterrespektierung infrage stellen kann, so muss der Marketingabteilung dennoch Respekt gezollt werden. In London bewies der kurzzeitige Amazon Store 2018, dass Shoppen Vielfalt bedeutet. Passend zur Ware wurden Workshops angeboten, Yoga Sessions sorgten bei gestressten Käufern für einen Moment der Ruhe und Live Musik brachte Partystimmung auf. Für Käufer eine ungewohntes aber abwechslungsreiches Angebot, das sich nicht nur auf das Warensortiment bezog. Um sich mehr auf das Gefühl zu konzentrieren, wurde der Bezahlmodus zudem verschlankt. An die Kasse stellen? Fehlanzeige. Gekauft wurden die Produkte direkt über einen QR-Code, der an den Produkten angebracht war.
In Deutschland punktete der Anbieter mit einer kurzzeitigen aber effektiven Werbemaßnahme. Zum Start der Serie „Deutschland 86“ eröffnete Amazon einen Laden am Hackeschen Markt in Berlin, der sich in Einrichtung, Warenangebot und Feeling komplett auf die 80er-Jahre fokussierte. Neben alten Bravo-Heften, Kassetten oder stilechten Klamotten bezahlten Käufer natürlich mit D-Mark. Den Konsumenten mit auf eine ungewöhnliche Reise nehmen? Mit dieser Marketingidee hat es funktioniert.

Ideen sind vielfältig
Dass sich Amazon große Ideen leisten kann, die der deutsche Einzelhandel nicht zu stemmen vermag, ist als Argument vertretbar. Doch die Initiative mit Technologie und Persönlichkeit zu punkten, kann auch im kleinen Rahmen stattfinden. Persönliche Einladungen zu Shopping Events zu neuen Kollektionen, die nur App-Besitzer oder Newsletter-Abonnenten erhalten oder ein Talk zum Thema nachhaltiger Mode mit wichtigen Speakern sind nur einige Möglichkeiten, um Kunden näher an sich zu binden. Dabei gilt, dass bestehende Technologie genutzt, um seine Kunden zu erreichen. Einen eigenen WhatsApp-Channel zum Austausch oder als Support-Tool ist der einfachste Weg – und kostenfrei. Dass ein Kunde nicht auf dem Messengerportal aktiv ist, ist heutzutage fast unwahrscheinlich.
Ebenfalls kann die junge Zielgruppe über Social-Media-Tools wie Instagram Live auch ortsungebunden am Geschehen dabei sein. Interaktives Kommunizieren mit Wow-Effekt ist der Schlüssel, den Einzelhändler einsetzen müssen. Darauf zu hoffen, dass Kunden allein und ohne Anreiz in den Laden strömen, ist in Zukunft unwahrscheinlich.